Nachfolgeplanung in Arztpraxen
Ein Gastbeitrag der Erbmanufaktur für klinikerfahrungen.de
Die Ärzteschaft kämpft mit Überalterung und Nachwuchsmangel. Vor allem die hohe Arbeitsbelastung und die zunehmende Bürokratie schreckt Jungärzte ab. Viele ziehen die Anstellung in Kliniken vor.
Ohne Nachfolgeplanung keine Nachfolge
Die freie Niederlassung als Vertragsarzt nach eigenen Vorstellungen ist seit Bestehen der Regelung zur Bedarfsplanung weitestgehend nicht mehr möglich. Wer als Arzt an der Versorgung von Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen teilnehmen will, sieht sich einem reglementierten Markt gegenüber, in dem die Niederlassungsfreiheit nur noch auf dem Papier besteht. Auch wenn die Altersgrenze für Ärzte aufgegeben wurde, ist es für Ärzte immer noch eine Gratwanderung, zur richtigen Zeit den richtigen Nachfolger zu finden. Insoweit empfiehlt sich frühzeitig eine zielführende Nachfolgeplanung.
Wie finden Sie einen Nachfolger für Ihre Arztpraxis?
Als Praxisinhaber können Sie oder Ihre Erben in Gebieten mit Zulassungsbeschränkungen den Praxisnachfolger nicht mehr frei auswählen. Vielmehr hat die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) auf Ihren Antrag oder den Antrag Ihrer Erben den Vertragsarztsitz auszuschreiben. Sie können also Ihre Praxis nicht einfach an einen Kandidaten Ihrer Wahl abgeben.
Ausschreibungsantrag: Beabsichtigen Sie, Ihre Zulassung zurückzugeben, ist zu berücksichtigen, dass spätestens nach sechs Monaten Ihr Ausschreibungsrecht entfällt, da sich nach diesem Zeitraum Ihr Patientenstamm verflüchtigt haben dürfte. Mit Ihrem Ausschreibungsantrag erklären Sie, dass Sie auf Ihre Zulassung als Arzt verzichten wollen. Wichtig ist, dass der Verzicht unter der Bedingung der bestandskräftigen Zulassung eines Nachfolgers erklärt wird. Andernfalls riskieren Sie, dass Sie Ihre Zulassung und Ihre Praxis aufgeben, ohne dass Sie einen Nachfolger gefunden haben.
Ablehnung oder Ausschreibung: Der Zulassungsausschuss entscheidet, ob er Ihrem Antrag entspricht, das Nachbesetzungsverfahren einleitet und Ihren Praxissitz ausschreibt. Der Ausschuss kann Ihren Antrag ablehnen und kein Nachbesetzungsverfahren durchführen, wenn eine Nachbesetzung aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. In diesem Fall muss die Kassenärztliche Vereinigung eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes Ihrer Praxis leisten.
Übergabe an Angehörige oder Praxiskollegen: Eine Ablehnung ist jedoch dann nicht möglich, wenn die Praxis von Ihrem Ehepartner, Lebenspartner oder Ihrem Kind weitergeführt werden soll oder ein angestellter Arzt oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bislang gemeinschaftlich betrieben wurde. Die Weitergabe der Praxis innerhalb der Familie soll besondere Berücksichtigung finden. Gleiches gilt für einen angestellten Arzt, der den Patienten bereits bekannt ist.
Ausschreibung: Ansonsten schreibt die KV Ihren Vertragsarztsitz im amtlichen Bekanntmachungsblatt aus. Die Ausschreibung erfolgt in anonymer Form unter Angabe Ihres Fachgebiets, des Planungsbereiches und ob es sich um eine Einzelpraxis oder Praxisgemeinschaft handelt.
Vertragsverhandlungen mit Wunschkandidaten: Nach dem Eingang von Bewerbungen stellt die KV Ihnen und dem Zulassungsausschuss die Liste der Bewerber zu. Immerhin gesteht der Gesetzgeber zu, dass Sie als Praxisinhaber mit den Bewerbern in Übernahmeverhandlungen eintreten können. Oft wird es aber so sein, dass Sie sich bereits vorher einen Wunschkandidaten ausgesucht haben und mit diesem bereits in Kontakt stehen. Dieser Wunschkandidat muss dann darauf achten, sich auf den ausgeschriebenen Arztsitz auch zu bewerben. Es empfiehlt sich, im Hinblick auf die Auswahlkriterien bereits frühzeitig aktiv zu werden, beispielsweise dann, wenn die berufliche Eignung für die Übernahme der Arztpraxis zu beurteilen ist.
Auswahl der Bewerber: Nach Eingang der Bewerbungen beginnt das Auswahlverfahren. Die Praxis wird dann dem Bewerber zugesprochen, der nach den formalen Bewertungskriterien am besten qualifiziert ist. Die KV hat Ihren Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. Dazu gibt der Gesetzgeber einen Katalog von Auswahlkriterium vor. Eine Rangfolge ist nicht vorgesehen. Die Gewichtung obliegt dem Zulassungsausschuss.
Ihre wirtschaftlichen Interessen werden insoweit berücksichtigt, als ein Bewerber, der nicht bereit ist, den Verkehrswert Ihrer Praxis als Kaufpreis zu akzeptieren, für die Auswahl nicht in Betracht kommt. Erzielen Sie keine Einigung über den Kaufpreis, ist das Nachbesetzungsverfahren fehlgeschlagen. Sie könnten dann erneut einen Antrag auf Ausschreibung stellen. Dabei wäre darauf zu achten, dass Sie Ihre Zulassung noch nicht aufgegeben haben.
Als Kriterien kommen die berufliche Eignung der Bewerber, das Approbationsalter, die Dauer der ärztlichen Tätigkeit, eine bisherige vertragsärztliche Tätigkeit in einem unterversorgten Gebiet, Ihr Interesse an einem Wunschkandidaten sowie die Bereitschaft des Bewerbers, besondere Versorgungsbedürfnisse in einer Region zu befriedigen.
Praxistipp
Es empfiehlt sich, dass sich ein potentieller interessierter Bewerber um einen Vertragsarztsitz bei der Kassenärztlichen Vereinigung frühzeitig in eine Warteliste eintragen lässt. Die Eintragung in die Warteliste ist möglich, nachdem nach der Approbation die Eintragung in das Arztregister erfolgt ist. Die Dauer der Eintragung in die Warteliste und damit der Platz, den der Bewerber auf der Liste einnimmt, ist nämlich bei der Auswahl der Bewerber zu berücksichtigen.
Welche Kriterien spielen bei der Vertragsgestaltung eine Rolle?
Die Übertragung einer Arztpraxis erfolgt durch Abschluss eines Kaufvertrages. Es ist Ihre Aufgabe, die Vertragsverhandlungen mit dem übernahmewilligen Kollegen zu führen. Dabei können Sie auch so verfahren, dass Sie nur Ihre kassenärztliche Praxis veräußern, während Sie Ihre Privatpraxis beibehalten, um danach mit dem Erwerber in Ihren bisherigen Praxisraum zu kooperieren. Vorab empfiehlt sich, ein Inventarverzeichnis zu erstellen, das dem Kaufvertrag als Anlage beizufügen ist.
Praxistipp
Vergessen Sie nicht den Datenschutz bei Übergabe der Patientenkartei. Die Übergabe Ihrer Patientenkartei ist nicht mehr durch die mutmaßliche Einwilligung Ihrer Patienten gedeckt. Bevor Sie Ihre Patientenunterlagen an den Kollegen weitergeben, müssen Sie also die Zustimmung Ihrer Patienten in eindeutiger und unmissverständlicher Weise einholen. Andernfalls riskieren Sie den Verstoß gegen das informelle Selbstbestimmungsrecht der Patienten. Ein Mittelweg besteht darin, dass sich der Erwerber verpflichtet, Ihre Altkartei separat von seiner Neukartei der Patienten zu verwahren. Er darf dann in die Altkartei nur Einblick nehmen, nachdem der Patient seine Zustimmung ausdrücklich oder schlüssig erklärt hat.
Wichtig ist, dass Sie den Praxiskaufvertrag stets unter der Bedingung abschließen, dass der Erwerber auch tatsächlich zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wird. Haben Sie die Praxisräume angemietet, empfiehlt sich die Aufnahme einer Bedingung auch insoweit, als der Vermieter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Übernahme des Mietvertrages durch den Nachfolger vielleicht noch nicht zugestimmt hat.
Wie wird der Kaufpreis bemessen?
Der Kaufpreis kann nach unterschiedlichen Bewertungsmethoden bemessen werden. Neben den traditionellen Praktikermethoden wie der Bundesärztekammermethode kommen auch betriebswirtschaftliche Methoden wie die Ertragswertmethode zum Ansatz. Eine Option kann auch die Umsatz- und Gewinnmethode sein. Letztlich ergibt sich der Gesamtwert der Arztpraxis durch die Addition des Wertes der Praxissubstanz (Substanzwert) und dem ideellen Wert (Goodwill).
Alles in allem
Möchten Sie den Ruhestand ins Auge fassen, sollten Sie frühzeitig in die Nachfolgeplanung eintreten. Nur so gewährleisten Sie, dass Sie den möglichst idealen Nachfolger für Ihre Praxis finden und Ihre Bemühungen nicht in einer Sackgasse enden.